Schlupfloch aus der Lohnpfändung
Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung
Vereinbart der Arbeitnehmer trotz laufender Lohnpfändung eine neue Direktversicherungsentgeltumwandlung, ist der Umwandlungsbetrag kein pfändbares Einkommen i. S. d. § 850 Abs. 2 ZPO.
Der Gläubiger ist damit vor dem Bundesarbeitsgericht (14.10.2021 – 8 AZR 96/20; Pressemitteilung) mit seiner Argumentation gescheitert, wonach es sich bei der Entgeltumwandlungsvereinbarung um eine ihn benachteiligende Verfügung nach § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO handele.
Die Entgeltumwandlung ist auch kein „verschleiertes Einkommen“ nach § 850h ZPO.
Der Arbeitgeber der Schuldnerin hatte somit zu Recht die Umwandlung in Höhe von monatlich 248 € bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens nicht berücksichtigt.
Das Bundesarbeitsgericht begründet dies mit dem Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1 S. 1 BetrAVG.
Bedeutung für die Praxis:
- An sich ging die Praxis davon aus, dass bei schon laufender Lohnpfändung keine Entgeltumwandlung zu Lasten des Gläubigers vereinbart werden kann. Das ist nun widerlegt!
- Fraglich ist, ob sich das Urteil auch auf andere Umwandlungen erstreckt. Also z. B. Umwandlungen zu Gunsten eines Zeitwertkontos oder Umwandlungssummen oberhalb von 4 % der BBG (Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung). Dies lässt das Bundesarbeitsgericht offen („…musste der Senat nicht entscheiden.“).
- Achtung: Manche Versorgungsordnungen bzw. Zeitwertkontenregelungen schließen eine neue Entgeltumwandlung bei laufender Lohnpfändung aus. Zumindest den Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1 S. 1 BetrAVG kann ein Arbeitnehmer aber jederzeit geltend machen.