Abgesenkte Garantien der Gesellschaften in der bAV

Haftungsfragen für Unternehmen und Auswirkungen für den Arbeitnehmer

Zum 1. Januar 2022 sank der Höchstrechnungszins für Versicherungsverträge – der sog. Garantiezins – von 0,9 % auf 0,25 %. Mit diesem Rechnungszins ist es den Versicherern jetzt kaum oder gar nicht mehr möglich zu garantieren, dass die Versicherungsleistung mindestens der Summe der eingezahlten Beiträge entspricht. Dies hat Folgen für Versicherungsverträge in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) und zwingt Unternehmen zu reagieren.

Was das für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bedeutet

Beitragsgarantien für neue bAV-Verträge werden teilweise bis auf 60 Prozent der Beitragssumme reduziert. Mit dieser eingeschränkten Garantieleistung sollen die Kosten zur Bereitstellung der Garantien eingespart werden und für mehr Spielraum bei der Kapitalanlage genutzt werden.

Für den Arbeitgeber hat es folgende Auswirkungen

Gemäß §1 Abs. 1 BetrAVG haftet der Arbeitgeber für seine im Gesetz definierte Zusageform (Hinweis: Transparenzblatt Arbeitgeberhaftung und Zusageformen bei uns abrufbar). Die bAV wird durch Beiträge in diverse Durchführungswege und Leistungszusagen finanziert. Dabei finden sich in der Praxis vor allem zwei Wege: die Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML) und die beitragsorientierte Leistungszusage (BOLZ). In beiden Fällen gilt:

Der Arbeitgeber ist nicht aus der Haftung raus, wenn er alle Beiträge gezahlt hat. Vielmehr muss er weiterhin für Leistungen einstehen, die ursprünglich versprochen waren. Wenn der Versicherer diese Leistungen nicht erwirtschaftet, haftet der Arbeitgeber subsidiär (§ 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG).

Die Frage ist also, für welche Mindestleistung der Arbeitgeber in der BZML oder der BOLZ einstehen muss.

Beitragsgarantie in der Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML)

In Niedrigzinsumfeld ist vor allem die BZML problematisch. Dabei verpflichtet sich der Arbeitgeber, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der bAV an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen. Für die BZML schreibt das Gesetz ausdrücklich vor, dass die Versorgungsleistungen sich mindestens aus der Summe der eingezahlten Beiträge ergeben müssen, allerdings abzüglich der Kosten für eine Risikoabsicherung (d.h. Invalidität oder Todesfall).

Diese Beitragssumme wird von Versicherern seit dem 1. Januar 2022 nicht mehr garantiert Denn zieht man bei einem Zins von 0,25 % noch die Kosten des Versicherungsvertrags ab (selbst ohne Abschluss- und Vertriebskosten), kann weniger als die Summe der Beiträge zur Auszahlung verbleiben. Einige Versicherer bieten Tarife für die Beitragszusage mit Mindestleistung daher gar nicht mehr an. Wäre die Versorgungsleistung niedriger als die Beitragssumme, müsste der Arbeitgeber die Differenz ausgleichen.

Die Frage ist also, für welche Mindestleistung der Arbeitgeber in der BZML oder der BOLZ einstehen muss.

Garantien in der beitragsorientierten Leistungszusage

Schwieriger gestaltet sich die Frage nach einer Mindestleistung in der BOLZ. In einer BOLZ verpflichtet sich der Arbeitgeber, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf bAV umzuwandeln. Während in der BZML die Beiträge zunächst in einem „Topf“ gesammelt werden, werden in der BOLZ unmittelbar bei Einzahlung die Beiträge in Anwartschaften umgewandelt. Wenn der Versicherer die Leistungen aus diesen Anwartschaften nicht erwirtschaftet, haftet der Arbeitgeber. Anders als für die BZML ist aber für die BOLZ keine Mindestleistung im Gesetz geregelt. Daher stellt sich die Frage, ob es eine solche überhaupt gibt und wenn ja, wie hoch sie sein muss.

In der Praxis geht man davon aus, dass es ausreicht, wenn in einer BOLZ eine Versorgungsleistung in Höhe von 80 % der gezahlten Beiträge garantiert wird. Daher müsste der Arbeitgeber nur bis zu dieser Höhe einstehen, wenn dies im Versicherungsvertrag nicht angespart werden kann. Darüber läge das Anlagerisiko beim Arbeitnehmer. Die Rechtslage ist allerdings unklar.

In einer bestehenden Zusage in Form einer BOLZ hat der Arbeitgeber ohnehin bereits in der Vergangenheit eine Versorgungsleistung zugesagt, die typischerweise dem Garantiewert eines Versicherungsvertrags entspricht. Die arbeitsrechtliche Versorgungszusage gewährt somit Leistungen nach Maßgabe des Versicherungstarifs. Die Mindestleistung ist damit eindeutig vereinbart, so dass es müßig ist zu diskutieren, ob die BOLZ eine Garantie vorschreibt. Aufgrund der Versorgungszusage gelten die höheren Garantiezinsen aus der Vergangenheit. Kann der Versicherer diesen Garantiezins nicht erwirtschaften, greift die Subsidiär-Haftung des Arbeitgebers, der für die Differenz einstehen müsste.

Anpassungsbedarf in betrieblichen Versorgungswerken

Für Neuzusagen muss in Betracht gezogen werden, dass die Beitragssumme im Versorgungsfalls möglicherweise nicht erreicht wird. Die neuen Versicherungsprodukte auf dem Markt machen eine Anpassung des bestehenden Versorgungswerks erforderlich.

Dies bedeutet aber nicht nur, dass der Versicherungstarif, sondern vielleicht sogar die Versicherer ausgetauscht werden müssen.

Soweit in Zukunft keine BZML mehr vereinbart wird, sollten Unternehmen sicherstellen, dass die arbeitsrechtliche Dokumentation (Individualvereinbarungen oder Betriebsvereinbarungen) und das Informationsmaterial zur bAV angepasst werden.

Auswirkungen für den Arbeitnehmer

Hier wird es sich zeigen, inwieweit Arbeitnehmer diese Garantiekürzungen annehmen werden. Der größte Teil legt erfahrungsgemäß mehr Wert auf Garantien als auf Rendite.

Unsere Empfehlung

  1. Nach ersten Interpretationen und Beurteilungen aus verschiedenen Quellen (spezialisierter Rechtsanwälte, Vorabinterpretationen von Arbeitsrichtern) ist es durchaus sinnvoll für den Arbeitgeber sich mit dieser Thematik näher auseinander zu setzen und ggfs. seine Versorgungszusagen zu überprüfen, um unnötige Haftungsrisiken in der Zukunft zu vermeiden.
  2. Außerdem gibt es Versicherer, die Ihre Garantien noch nicht gesenkt haben und auch in dieser Niedrigzinsphase die notwendige Performance erzielen.
  3. Weitere Hinweise und Empfehlungen erläutern wir Ihnen gerne in einem unserer angebotenen Workshops.

Sie möchten weitere Informationen?

Fragen Sie jetzt unsere Experten oder informieren Sie sich hier.

Kontaktieren Sie uns einfach über unser Kontaktformular!