Versicherungsförmige Lösung (sog. Anspruchsbegrenzung) in den Durchführungswegen Direktversicherung und Pensionskasse wird zum Regelfall
Am 23.06.2020 ist das 7. Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (7. SGB IV- ÄndG) in Kraft getreten.
Dieses Gesetz enthält im Artikel 8a auch Änderungen des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG).
Bisher musste der Arbeitgeber bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers innerhalb einer bestimmten Frist die Begrenzung der Ansprüche sowohl gegenüber dem Arbeitnehmer als auch gegenüber dem Versorgungsträger erklären.
Die Abgabe der Erklärung zur Anspruchsbegrenzung ist nun nicht mehr erforderlich.

Hintergrund:

Der Arbeitgeber ist in der Regel daran interessiert, beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers, seine Verpflichtung aus der Versorgungszusage auf den angesammelten Wert des Direktversicherungsvertrags zu beschränken(Anspruchsbegrenzung, auch versicherungsvertragliche oder versicherungsförmige Lösung). Das Gesetz (§ 2 Abs. 2 S. 2 und 3 BetrAVG) schrieb vor, dass diese Sonderregelung ein Verlangen des Arbeitgebers voraussetzt und dass dieses Verlangen nur innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Ausscheiden dem Arbeitnehmer und Versicherer mitgeteilt werden konnte. Seit 1974 war es Praxis, dass diese Regelung in allen Antragsunterlagen, oft auch in den Versorgungsordnungen der Arbeitgeber und im Gruppenvertrag geregelt war.
Doch diese jahrzehntelange Praxis erschwerte das Bundesarbeitsgericht massiv durch das Urteil vom 19. Mai 2016, 3 AZR 794/14.
Denn das Bundesarbeitsgericht verlangte, dass der Arbeitgeber im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausscheiden der Arbeitnehmer das Verlangen auf Inanspruchnahme der versicherungsvertraglichen Lösung innerhalb von drei Monaten nach Ausscheiden gegenüber der Arbeitnehmer und in der gleichen Frist gegenüber dem Versicherer in jedem Einzelfall erklärt.
Zudem sollte der Arbeitgeber den Nachweis führen können, dass diese Erklärung – ähnlich wie bei einer Kündigung – dem Arbeitnehmer fristgerecht zugegangen ist. Und dieser Nachweis sollte dann auch noch bis zum Ablauf der 30-jährigen Verjährungsfrist in der bAV aufbewahrt werden. In der Praxis ein schwieriges Unterfangen.
Die Konsequenz seit 2016: Greift die versicherungsvertragliche Lösung nicht, dann schuldet der Arbeitgeber nicht den Wert des Versicherungsvertrags bei Ausscheiden des Arbeitnehmers, sondern die sogenannte Quotierung der Ansprüche (Verhältnis von tatsächlichen Dienstjahren zu möglichen Dienstjahren), die regelmäßig höher liegt als der Wert des Versicherungsvertrags. D.h. die Subsidiärhaftung des Arbeitgebers greift.
Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) hat erkannt, dass die Direktversicherung als wichtigster Durchführungsweg für kleine und mittelständische Unternehmen einfach und haftungsarm bleiben muss.
Daher ist mit der Novellierung des BetrAVG (Teil des SGB-IV-Änderungsgesetzes, Beschlussempfehlung BT Dr. 19/19037 vom 6. Mai 2020) in zweiter und dritter Lesung am 7. Mai 2020 vom Bundestag eine deutliche Vereinfachung der versicherungsvertraglichen Lösung beschlossen worden:
Das „Verlangen des Arbeitgebers“ innerhalb einer Drei-Monats-Frist entfällt vollständig. Damit wird die versicherungsvertragliche Lösung zum Standardfall. Das gilt für Direktversicherungen und Pensionskassen.
Das ist eine große Haftungs- und Verwaltungserleichterung für alle Arbeitgeber, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen. Ausweislich der Gesetzesbegründung gilt dies auch für Altfälle: „Dies gilt auch für bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung ausgeschiedene Arbeitnehmer.“

Allerdings bleiben die sogenannten sozialen Auflagen in § 2 Abs. 2 Nr. 1-3 erhalten:
– Bezugsrecht des Arbeitnehmers ist spätestens 3 Monate nach dem Ausscheiden unwiderruflich
– Abtretung und Beleihung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber sind ausgeschlossen
– Es bestehen keine Beitragsrückstände
– Überschüsse werden zur Leistungserhöhung verwendet
– Der ausgeschiedene Arbeitnehmer hat das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen.
Und im Gesetz wird auch klargestellt, die versicherungsvertragliche Lösung begrenzt zwar den Anspruch des Arbeitnehmers bei Ausscheiden auf den Wert des Versicherungsvertrages.
Es bleibt aber ansonsten (§ 2 Abs. 2 S. 3 BetrAVG neue Fassung) bei der Einstandspflicht des Arbeitgebers.